Interview von Fernand Etgen mit "de Konsument"

Eine Legislaturperiode mit dem neuen Verbraucherschutzministerium

Interview: de Konsument

de Konsument: Zum ersten Mal in der Geschichte Luxemburgs gibt es ein Ministerium für Verbraucherschutz. Welche Erfahrungen machten Sie in dieser Legislaturperiode und wie beurteilen Sie die kommenden fünf Jahre aus Sicht Ihres Ministeriums? 


Fernand Etgen: In der Tat hat die aktuelle Regierung mit einem erstmaligen Verbraucherschutzministerium neue Zeichen gesetzt... jedoch keinesfalls ausschließlich mit der Einführung eines neuen ministeriellen Departementes. 
Und tatsächlich wurde gemeinsam auch viel geleistet: sei dies nur mal zum Beispiel im Bereich der Lebensmittelsicherheit, dem Datenschutz, der Mediation oder aber auch im Bereich der Bündelung von Kompetenzen und der Information um nur einige zu nennen. 
Sicherlich war in diesem komplexen Umfeld von unterschiedlichsten Themata und Wirkungsbereichen historisch bereits viel gewachsen; nun beginnen die ersten Schritte der Koordination ihre Früchte zu tragen. Dies muss auf jeden Fall auch in den nächsten Jahren fortgeführt werden. 
Zu dieser Kontinuität zählt im Übrigen auch die gute Zusammenarbeit mit der ULC, Wofür ich mich bedanken möchte! 

de Konsument: Was waren Ihrer Meinung nach die wichtigsten Verbraucherschutzprojekte bzw. Schwerpunkte, die in diesen fünf Jahren umgesetzt wurden? 

Fernand Etgen: Meine Abteilung für Konsumentenschutz hat eine breit angelegte Kampagne gestartet, die die Bevölkerung in Zusammenarbeit mit den zuständigen Gemeinden, zu weniger Lebensmittelverschwendung sensibilisieren soll: www.antigaspi.lu. Eine Wanderausstellung wurde in diesem Sinne den Gemeinden zu Verfügung gestellt, um Kinder, Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen zur Verringerung von Abfällen zu begeistern. 
Da mir die Landwirtschaft und die Lebensmittelsicherheit sehr am Herzen liegen, bin ich sehr zu frieden dass das "Kommissariat für Qualität, Lebensmittelbetrugsbekämpfung und Lebensmittelsicherheit" durch das Gesetzesprojekt Nr. 6614 noch im Juni dieses Jahres im Parlament verabschiedet wurde. Dieses Kommissariat ist das Resultat langer Verhandlungen die bis ins Jahr 2002 zurückliegen und für die diese Regierung endlich Fortschritte zu verbuchen hat. 
Ziel des Kommissariats ist die Neuordnung des Kontrollsystems durch eine bessere Koordinierung der Lebensmittelkontrollmaßnahmen "vom Feld bis auf den Teller", spezifisch was die Harmonisierung der Prozeduren und Modalitäten der zuständigen Verwaltungen anbelangt. 
Erste Schritte sind schon in Zusammenarbeit mit dem CTIE begangen worden um eine gemeinsame, innovative Datenbank zu erstellen. Außerdem werden die Verwaltungen "Veterinäramt", "OSQCA" und "Service de la sécurité alimentaire" im September mit dem Kommissariat in ein Gebäude verlegt. 
Last but not least werden die Gesetzesprojekte Nr. 6614 und Nr. 7273 endlich das längst überfällige Lebensmittelsicherheitsgesetz von 1953 ablösen und somit unsere nationale Rechtsetzung mit der Europäischen in Einklang bringen. Letztere schreibt klare Regeln zur Lebensmittelbetrugsbekämpfung vor. 
Besonders stolz bin ich aber auch auf POLI - www.poli.guide — unserem "Chatbot" für Verbraucher - der sich seit einigen Wochen in einer ersten Testphase befindet. Dieses Pilot-Projekt — welches wir in hervorragender Zusammenarbeit mit dem CTIE umgesetzt haben — ist innovativ und zukunftsweisend. POLI wird mit der Zeit lernen und auf unterschiedlichen elektronischen und mobilen Plattformen dem Verbraucher zur Seite stehen können. Ziel ist es den Verbraucher bei Fragen zur federführenden, staatlichen Instanz zu geleiten oder gar schon Lösungen anzubieten. Dabei wird POLI auch helfen, die wertvolle Arbeit die in den unterschiedlichsten Verwaltungen und Ministerien geleistet wird, hervorzuheben. 

de Konsument: Die Verbraucherschutzabteilung untersteht zurzeit dem Ministerium für Landwirtschaft und Weinbau. War eine ausreichende Sichtbarkeit dennoch gewährleistet? 

Fernand Etgen: Mein Ministerium ist zu gleichen Teilen zuständig für Landwirtschaft, Weinbau und Verbraucherschutz. 
Ziel meiner Arbeit, darf es jedoch nicht sein, eine ministerielle Abteilung ins Licht zu stellen! Ziel meiner Arbeit muss es sein, den Verbraucher selbst ins Rampenlicht, in den Mittelpunkt zu stellen! Diesem Ziel habe ich mich bei Amtsantritt verpflichtet! 
Der neue Informationsstand des Landwirtschaftsministeriums der nicht nur über Lebensmittelproduktion sondern jetzt auch über Lebensmittelkonsum aufklärt, wird dem gerecht. 
Außerdem hat die Abteilung für Konsumentenschutz das Magazin "GUDD!" initiiert, das zweimal jährlich in alle Haushalte verteilt wird und dessen Mission es ist, dem Bürger informativ und transparent die Lebensmittelproduktion und die Lebensmittelkontrolle näher zu bringen. Die Sensibilisierung des Bürgers zu weniger Lebensmittelverschwendung sowie zu einem lokalen und saisonalen Konsum qualitativ hochwertiger Lebensmittel liegt mir sehr am Herzen. Des Weiteren wurden in den letzten Jahren etliche Broschüren über Lebensmittelkonsums veröffentlicht, die man auch alle elektronisch auf dem Landwirtschaftsportal meines Ministeriums herunterladen kann. Besonders bei Lehrern und Ärzten sind diese sehr beliebt. 
Da der Verbraucherschutz jedoch so weitreichend ist und es so viele Anlaufstellen gibt, hat die jetzige Regierung im September 2017 eine gemeinsame Anlaufstelle für Verbraucher - den "Mediator für Verbrauchergeschäfte" geschaffen, der dem Wirtschaftsministerium unterstellt ist. 
Unser neustes Projekt POLI ist erst in den Kinderschuhen und erfreut sich bereits jetzt einer großen Beliebtheit unter den Verbrauchern. Man mag es als Aushängeschild sehen - ich sehe es als eine Hilfe für den Verbraucher, als Informationsquelle zu staatlichen Kompetenzen und komplementär zur hervorragenden Arbeit der ULC. 

de Konsument: Wie stehen Sie zu einem eigenständigen Ministerium für Verbraucherschutz, das für alle Aufgaben und Dienstleistungen, die den Verbraucherschutz betreffen, verantwortlich ist? 

Fernand Etgen: Es gibt Beispiele für unterschiedliche Modelle aus anderen Ländern die sowohl für als auch gegen eine allgemeine Kompetenzzusammenlegung sprechen. Auf EU-Rat-Ebene werden viele Fragen betreffend Konkurrenzrecht und Verbraucherschutz von den jeweiligen Wirtschaftsministerien vertreten. Alleine die Aufgabenbereiche eines Wirtschaftsministeriums oder aber auch der Steuer- oder Finanzverwaltungen sind ja bekanntlich unglaublich vielfältig. 
In allen Ministerien wird eine hervorragende Arbeit geleistet, dies vielleicht aber eben auch nur, weil ähnliche Kompetenzen inter pares gebündelt blieben und eben nicht getrennt wurden. Dies scheint mir besonders mit Blick auf unsere doch kleinen Verwaltungen weiterhin der richtige Weg zu sein. 
Gleichzeitig verstehe ich Ihre Frage nach einem Verbraucherschutzministerium welches vermehrt die Lebensmittelsicherheit - und zwar vom Bauernhof bis auf den Tisch - als seinen Hauptaufgabenbereich versteht. Als Minister für Ernährung und Verbraucherschutz würde ich mich für eine einzige, unabhängige Verwaltung für Lebensmittelsicherheit, Lebensmittelqualität und Lebensmittelbetrugsbekämpfung stark machen, die sowohl das Kommissariat wie auch die drei zuständigen Verwaltungen unter einer Verwaltung vereint. Es muss endlich Schluss sein mit dem Hick-Hack der Zuständigkeiten der letzten Jahre. 
Hierzu gibt es in unseren Nachbarländern sehr erfolgreiche Modelle... man nehme als Beispiel nur das Ministerium für Landwirtschaft und Ernährung, gekoppelt mit einem Amt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz unserer Deutschen Nachbarn. Ein solches Modell ist meines Erachtens nach auch für das Großherzogtum durchaus vorstellbar. 

de Konsument: Welche Gesetze müssen in Zukunft überarbeitet bzw. im Interesse der Verbraucher verbessert werden? 

Fernand Etgen: In erster Linie ging es mal darum das Inventar bestehender und fehlender Gesetze zu ermitteln. Diese wertvolle Arbeit ist nunmehr getan. 
Allgemein sollen aber keine "Gesetze für die Ewigkeit" mehr geschrieben werden! Dazu ist die Notwendig einer ständigen Anpassung zu groß und zu wichtig und den Rhythmus werden auch in Zukunft wohl EU-Richtlinien vorgeben. 
Rezente Skandale haben uns jedoch gezeigt, dass es notwendig ist, den Konsumenten die Möglichkeit zu geben, Sammelklagen einzureichen. Das Wirtschaftsministerium arbeitet momentan an einem Gesetzesentwurf. 
Sicherlich ist dieser Gesetzesentwurf, der auf europäisches Recht basiert, eine der größten Herausforderungen und Notwendigkeiten unserer Zeit. Dem schließen sich die Kollegen vom Wirtschaftsministerium sicherlich an. 
Dabei müssen wir den "Dieselskandal" nicht einmal als Beispiel heranziehen um Sinn und Wichtigkeit von Sammelklagen im Sinne des Verbrauchers zu untermauern. 
Da eine rein nationale Vorgehensweise jedoch wohl schnell an ihre Grenzen kommen würde, ist es wichtig diese Gesetzgebung betreffend "Class-action" mithilfe der europäischen Gesetzgebung geschlossen aber zügig voranzutreiben. 

de Konsument: Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit zwischen der ULC und Ihrem Ministerium in den letzten fünf Jahren? 

Fernand Etgen: Ich behaupte, dass unsere Zusammenarbeit sich stets auf ein gleichzeitig freundschaftliches als aber auch zielorientiertes Fundament beruhen konnte. 
Ich habe in den letzten Jahren oft Gelegenheit gehabt, konstruktive Gespräche mit der ULC zu führen und bewundere die doch kleine Struktur, wie sie die täglichen Fragen und Probleme der Verbraucher bewältigt. Auch europäische Themen werden zeitnah und professionell verfolgt. 
Dieser fruchtbare Nährboden der Zusammenarbeit — der stets im Sinne der Verbraucher stand — wird auch in weiteren Jahren noch viele Früchte tragen, dessen bin ich überzeugt. Eine weiterhin hervorragende Zusammenarbeit beider Parteien - Ministerium und ULC - ist demnach als klare „win-win"-Situation für beide anzusehen. Wohlgemerkt mit einem Hauptgewinner: dem Konsumenten! 
Und ich denke, das sind wir dem Verbraucher doch alle beide schuldig! 

de Konsument: Müsste der Staat Ihrer Meinung nach nicht eine noch größere moralische und vor allem finanzielle Verantwortung gegenüber der ULC übernehmen, um der ULC noch mehr Möglichkeiten zu geben, im Interesse der Verbraucher zu handeln? 

Fernand Etgen: Ich möchte der ULC und ihrem gesamten Team für ihren in der Tat unermüdlichen Einsatz gratulieren. Die letzten Jahre standen insbesondere im Zeichen diverser Aktionen im Bankwesen oder Mietrecht und es konnten beachtliche Resultate erzielt werden. 
Die ULC ist in der klaren Rolle des Interessenvertreters des Verbrauchers sowohl gegenüber der Privatwirtschaft als auch dem "Service-Provider" Staat Luxemburg. Hierbei konnte sicherlich auch die horizontale Zusammenarbeit der unterschiedlichsten Ministerien dieser Regierung hilfreich sein um etwaige Wogen glätten zu helfen. Ich bin sicher, dass dies auch in Zukunft der richtige Weg sein wird. 
Für mich ist es wichtig, dass die ULC sich ständig weiterentwickelt und das Potential, neue Mitglieder in einer sich ständig verändernden Gesellschaft zu finden, weiter entwickeln kann. Unsere Gesellschaft ist jünger und vielfältiger geworden und die Kaufgewohnheiten haben sich gerade in den letzten Jahren doch sehr verändert. Ich bin mir sicher, dass die ULC mit geeigneter Öffentlichkeitsarbeit, wie z.Bsp. über den Weg von Petitionen und mithilfe der neuen Medien, dieses Ziel erreichen wird. 
Diese Weiterentwicklung ist wichtigster Garant für eine Festigung einer unabhängigen Organisation wie der ULC. Dabei ist ihr meine Unterstützung ebenfalls gewiss. 

de Konsument:  Würden Sie noch einmal die Verantwortung für ein Ministerium für Verbraucherschutz übernehmen? 

Fernand Etgen: Die Ehre dieses erstmalige Amt in meiner Funktion als Minister übernehmen zu dürfen steht in gleichem Verhältnis wie die Freude und Leidenschaft, die die damit verbundene Arbeit mir stets bereitet hat. 
Ich sehe noch sehr viel Entwicklungspotential und ja: sehr gerne würde ich mich weiterhin in den Dienst des Verbrauchers stellen.
Dennoch werde nicht ich über eine weitere Verantwortungsperiode zu entscheiden haben, sondern dies selbstverständlich dem Wähler überlassen. 

de Konsument: Die ULC fordert seit langem, dass eine Behörde wie die französische "Generaldirektion Wettbewerb, Verbraucherschutz und Betrugsbekämpfung" (Direction générale de la concurrence, de la consommation et de la repression des fraudes) in Luxemburg geschaffen wird. Die Verbraucherschutzabteilung des Ministeriums für Wirtschaft arbeitet nicht zielführend und ist auch nicht daran interessiert, in einen ultraliberalen Handel einzugreifen. Wäre dies nicht Aufgabe des Ministers für Verbraucherschutz? 

Fernand Etgen: Die europäische Kommission hat im März letzten Jahres eine neue Richtlinie 2017/625 verabschiedet, die den Lebensmittelbetrug in der EU ab 2019 regeln soll. Die Bestimmungen möchte ich mit meiner Abteilung für Konsumentenschutz, durch das Gesetzesprojekt Nr. 7273, das im März 2018 im Parlament deponiert wurde, ins nationale Recht verankern. 
Wie vorhin schon erwähnt, habe ich in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium durch die Gesetzesvorlage Nr. 6614 die kürzlich im Parlament gestimmt wurde, ein Kommissariat für Qualität, Lebensmittelbetrugsbekämpfung und Lebensmittelsicherheit ins Leben gerufen, das gemeinsam mit den zuständigen Verwaltungen nicht nur die Qualität und die Sicherheit der Lebensmittel kontrollieren soll sondern auch als Zielführung hat, den Lebensmittelbetrug zu bekämpfen mit Hilfe der zukünftigen gesetzlichen Basis, die aktuell noch im Parlament diskutiert wird. 
Sobald das Gesetzesprojekt zu Sammelklagen des Wirtschaftsministeriums dann auch noch auf dem Instanzenweg ist, denke ich dass unser Land auf dem guten Weg zu einer besseren Betrugsbekämpfung ist. 
Die Zeit wird uns zeigen ob unsere Vorgehensweisen genügen oder es notwendig sein wird, weitere Konsolidierungsmaßnahmen zu ergreifen. 

de Konsument: In Luxemburg gibt es keine effiziente Marktpolizei, die bei einem unsachgemäßen Gebrauch von Waagen (Verpackungsgewicht zum Warenpreis hinzugerechnet) eingreift und gebührenpflichtige Verwarnungen ausstellt. 
Setzt sich der Minister für Verbraucherschutz für eine Lösung dieser Probleme ein? 

Fernand Etgen: Wir streben stets eine bestmögliche und komplette Ausbildung unserer Kontrolleure an und wollen dabei auch neue Wege der Digitalisierung gehen. Ich persönlich habe viel Vertrauen in die lokalen Produkte und deren Anbieter. Die neuen Gesetzestexte zur allgemeinen Bekämpfung von Lebensmittelbetrug werden sicherstellen, dass dies auch zukünftig so sein wird. 

de Konsument: Wann werden Gesetze erlassen, die gebührenpflichtige Verwarnungen vorsehen und den einzelnen Ministerien diese Möglichkeiten einräumen? 

Fernand Etgen: Mit den Gesetzestexten Nr. 6614 (Abstimmung Juli 2018) und Nr. 7273 (auf dem Instanzenweg) hat die aktuelle Regierung sich eben diese Möglichkeit der administrativen Sanktionierung im Lebensmittelbereich gegeben und ist somit einer europäischen Auflage endlich nachgekommen. 

de Konsument: Anderen Behörden wie der Hygiene-Aufsichtsbehörde (Inspection sanitaire) wäre mit einem solchen Instrument ebenfalls geholfen, weil der Weg über die Staatsanwaltschaft meistens ohne Folgen bleibt! Arbeitet der Minister für Verbraucherschutz interdisziplinär daran, endlich zielführende Kontrollen zu gewährleisten bzw. gebührenpflichtige Verwarnungen bei Nichteinhaltung der Vorschriften einzuführen? 

Fernand Etgen: Beide bereits oben genannten Gesetztestexte wurden in der Tat in enger Zusammenarbeit zwischen dem Landwirtschafts-, dem Gesundheits- und dem Verbraucherschutzministerrum gemeinschaftlich ausgearbeitet. Die den jeweiligen Ministerien unterstellten Verwaltungen sind somit für die Zukunft nun endlich auch rechtlich gewappnet. Die Interdisziplinarität und die Koordination der Kontrollen wird dabei ein neu geschaffenes Kommissariat in einer ersten Phase übernehmen. 

de Konsument: Wie sehr setzte sich der Minister für Verbraucherschutz dafür ein, dass Glyphosat für Privatpersonen (Roundup) nicht mehr im Supermarkt erhältlich ist? 

Fernand Etgen: Die Welt bleibt nicht stehen. Heute wird der chemische Pflanzenschutz — also der Einsatz von Pestiziden — laut ILRES-Studie zu Recht von 66% der Bevölkerung sehr kritisch gesehen, vor allen Dingen wegen der potentiellen Risiken für Mensch und Umwelt. 
Deshalb möchte ich auf den neuen - innerhalb der EU modernsten - Nationalen Aktionsplan zur Verminderung des Gebrauchs von Pflanzenschutzmittel (PAN) verweisen, der auch das Phasing-out des Wirkstoffes Glyphosat in Luxemburg vorsieht. Es wäre falsch von der Landwirtschaft, die Notwendigkeit des Phasing-out nicht zu erkennen und deshalb freut es mich sehr dass wir diesen, doch sehr ambitiösen Aktionsplan, zusammen vorstellen konnten. Dabei war mir insbesonders auch bezüglich Landwirtschaft stets bewusst, dass nicht Verbote sondern Lösungen gebraucht werden. 
Der Nationale Aktionsplan sieht u.a. bis 2030 eine allgemeine Reduzierung des Spritzmitteleinsatzes von 50% vor und bis 2025 eine Verringerung von 30% bis 2025 von Pflanzenschutzmitteln (den sogenannten "BigMovers"), die als besonders giftig gelten und uns am Meisten Sorgen bereiten. 
Die befürwortete Exit-Strategie welche den großflächigen freien Handel des Wirkstoffes Glyphosat für den Privathaushalt (Round-up) in Luxemburg bereits ab dem 1.1.2019 untersagen wird, setzt Luxemburg auf europäischer Ebene in eine Vorreiterrolle und darauf bin ich sehr stolz. Leider jedoch, denken (noch) nicht alle Länder so... 

de Konsument: Wie sehr ist der Minister für Verbraucherschutz darum bemüht, die Menge an Verpackungsmaterial zu senken oder seine Kollegen aus anderen Ministerien zu motivieren, ein besseres Recyclingsystem einzuführen? 

Fernand Etgen: Die europäische Kommission hat erst kürzlich einen Strategieplan vorgeschlagen, welcher eine Verringerung der Kunststoffverpackungen anstreben will. Ich selbst habe mich im Ministerrat für Landwirtschaft sehr intensiv für eine neue europäische Verpackungsregelung eingesetzt und mich für die Unterstützung der europäischen Plastikstrategie ausgesprochen. Übrigens teilen alle Kollegen in der Regierung den Wunsch dem Verpackungswahn den Kampf anzusagen. 
Die neue Plastikstrategie stellt hierbei sicherlich einen Meilenstein dar und ein neuer Abfallplan wurde von dieser Regierung bereits vorgestellt. 
Dennoch muss auch der Verbraucher bereit sein umzudenken. Erst fördern, dann fordern — sollte die Devise lauten. 
Eine breit gefächerte Sensibilisierung ist hier unumgänglich... Hierbei spielt übrigens auch die Lebensmittelverschwendung eine wesentliche Rolle! 

de Konsument: Sehen Sie eine Möglichkeit, Ihre Kampagne gegen Lebensmittelverschwendung zusammen mit der ULC weiterzuführen? 

Fernand Etgen: Mein Ziel war es in einem "Nationalen Pakt gegen Lebensmittelverschwendung - www.antigaspi.lu" möglichst viele Akteure aus unterschiedlichsten Bereichen in ein Boot zu bringen. Bis dato sind das unter anderem bereits über 80 Luxemburger Gemeinden, etliche Vertreter aus der Restauration, Fortbildungsinstitute, usw. Alle wollen hier an einem Strang ziehen! 
Gleichzeitig können und dürfen wir alle nicht ignorieren, dass der Ball aber auch bei uns Verbrauchern liegt - und zwar sind es wir alle die mit über 40% als Hauptverursacher der Lebensmittelverschwendung anzusehen sind! 
Ich bin und bleibe überzeugt, dass wenn jeder von uns auch nur ein wenig an seinen Gepflogenheiten arbeitet, wir gemeinsam sehr viel erreichen können! Da liegt es natürlich nahe, dass die ULC den Kampf gegen Lebensmittelverschwendung mit aufnimmt — denn niemand ist näher am Konsumenten wie die ULC. 
Auf jeden Fall kann ich jetzt schon versichern, dass ich mich natürlich auf eine weitere tolle Zusammenarbeit mit der ULC freue — insbesondere im Bereich Lebensmittelverschwendung. Letztere ist und bleibt weder aus ökologischen noch als ökonomischen geschweige denn aus ethischen Gründen akzeptierbar. Wir alle müssen wieder lernen den Wert unserer Lebensmittel, der Arbeit die in derer Herstellung sticht, sowie die Ressourcen Wasser, Land und Energie die zu ihrer Produktion verbraucht werden neu zu schätzen. Lasst uns deswegen alle ein bisschen mehr "Antigaspi" sein! 

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