Interview von Romain Schneider in der Agrarzeitung

"Suche nach dem Gesicht des Produzenten; Romain Schneider, Agrarminister in Luxemburg, sieht Chancen in regionaler Vermarktung"

Interview: Agrarzeitung (Axel Mönch)

Agrarzeitung: Welche Antworten muss die Agrarpolitik auf die Coronakrise finden?

Romain Schneider: Die Menschen haben vermehrt lokale und regionale Produkte nachgefragt. Zudem haben sie den Kontakt mit den Produzenten gesucht. Das ist ein Plus in dieser Zeit und eine Chance für den Sektor. Die Leute besinnen sich auf die Herkunft der Lebensmittel und suchen das Gesicht des Produzenten.

Agrarzeitung: Befürworten Sie eine verpflichtende Kennzeichnung zur Herkunft von Milcherzeugnissen?

Romain Schneider: Luxemburg ist ein Grünlandstandort und lebt von der Milchwirtschaft. Wir haben kein Problem damit, dass der Verbraucher sieht, woher die Milch kommt. Ich arbeite gerade in Luxemburg ein Zertifikationsgesetz aus. Darin wird bestimmt, woher ein Produkt kommt und welche Kriterien es erfüllt.

Agrarzeitung: Ist die Abhängigkeit von Futtermittelimporten für Sie ein Problem?

Romain Schneider: Wir betreiben schon seit einigen Jahren Forschungsprojekte, um Alternativen zu Sojaimporten zu entwickeln. Es gibt einzelne Erfolge, aber einige Pflanzen gedeihen nicht so in unserer Gegend, weil es an Sonne oder Regen mangelt. Aber wir suchen weiter, weil der Anbau von Futterpflanzen für die Bauern neue Produktionszweige mit sich bringen wird.

Agrarzeitung: Mit welchen Anliegen geht Luxemburg in die Verhandlungen um die GAP-Reform?

Romain Schneider: Wir müssen weiterhin für ein anständiges Einkommen für die Bauern sorgen. Das ist für mich wichtig. Was im EU-Agrarhaushalt jetzt vorgesehen wird, ist machbar. Die Landwirtschaftspolitik soll einen Rahmen stecken und den Mitgliedstaaten ausreichend Flexibilität lassen. Besonders ausreichende Möglichkeiten, Mittel von der ersten Säule der GAP in die zweite Säule zu verteilen, müssen erhalten bleiben. Die zweite Säule ist uns in Luxemburg sehr wichtig. Mit den freiwilligen Maßnahmen haben wir sehr große Erfolge, viele Landwirte greifen bei uns darauf zurück. Das kommt bei uns viel besser an, als wenn man alles über die erste Säule regelt.

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